Gemalte Gesichter auf einer Wand

Gefühle und Emotionen – der entscheidende Unterschied

Was fühlst du?

Kurzer Schreck, innehalten, den Blick nach innen richten und Ausschau halten. Äh, da drückt was, hier wird’s gerade heiß, dort ist entspanntes Nichts.

Aber Gefühle? Freude hat da jetzt nicht rumgelegen, allerdings auch kein Ärger oder so. Vielleicht noch Verwirrung, weil nicht klar war, wonach zu suchen ist.


Gefühls-Bahnhof

In unserer Alltagssprache klatschen wir auf alles Mögliche (und Unmögliche) das Etikett ‚Gefühl‘ drauf. Social Media, und vor allem die Personal Developement-Szene, fährt voll darauf ab, uns was von Emotionen zu erzählen, die bewegen, weil Latein. Äh, ok.

Oft liest man sich widersprechende Definitionen. Wer soll da noch was verstehen!? Ich jedenfalls nur Bahnhof.

Was mir allerdings wirklich geholfen hat, war den Blick auf die Sache selbst zu richten.


Das steckt hinter den Begriffen

Das, was wir innerlich erleben, können wir nämlich durchaus unterscheiden. Here it comes.

Es gibt eine körperliche und eine Bewertungskomponente.

In unserem Körper nehmen wir wahr, wie es uns kalt den Rücken hinunterläuft, spüren die Enge oder Weite in der Brust, das Kribbeln der Hände oder das Klopfen unseres Herzens.

Unsere ganz persönliche Bewertung lässt dann dieses körperliche Erleben z. B. zu Angst, Aufregung oder Freude werden.


Warum diese Unterscheidung so wichtig ist

Welche Begriffe wir benutzen, ist am Ende egal, wenn wir nur Folgendes verstehen und beherzigen:

Das, was in unserem Körper geschieht, ebbt nach etwa 90 Sekunden bis drei Minuten von ganz allein ab. Vorausgesetzt wir haben die Kapazitäten, dem Raum zu geben.

Steigen wir aber in unsere Bewertungen ein, kann das diesen natürlichen Prozess unterbrechen.

Wir kennen das alle: der Hals ist eng, im Bauch liegt ein Stein, die Hände schwitzen, wir interpretieren das als Angst – und wollen es weghaben.

Dieser Widerstand veranlasst uns, alles Mögliche zu tun (am liebsten Horrorszenarien im Kopf durchzuspielen), außer eben das körperliche Erleben da sein zu lassen.

Die Energie dahinter bleibt dadurch im Körper stecken. Und schlimmer noch, wird in der nächsten Situation, wo es eng wird, reaktiviert. So wird es von Mal zu Mal enger und wir trauen uns am Ende gar nichts mehr. Bad news.


Der Hoffnungsschimmer am Horizont

Diese Negativspirale hat zum Glück auch ein Gegenstück, es ist schon angeklungen. Es geht um Kapazitäten und Raum, um Erlaubnis und da sein lassen.

Wo der Körper (und vor allem unser Nervensystem) sein darf, führt er uns nicht nur in den Sturm, sondern auch wieder heraus. Er liefert uns wichtige Signale darüber, wo wir stehen und wie es uns dort geht. Und auf dieser Grundlage können wir dann im Einklang mit uns selbst entscheiden und handeln.

Alles, was du heute dazu brauchst, ist dieser erste Schritt: das Bewusstsein darüber, dass du zwischen deinem körperlichen Erleben und deiner Bewertung dessen unterscheiden kannst.

Und mit ein bißchen (Nervensystem-)Übung kannst du deine Fähigkeit erweitern, dich und dein Erleben zu halten ♥



P. S.: Wer jetzt noch eine Definition von mir haben will, dem schlage ich diejenige aus meiner Nervensystem-Ausbildung (NESC) vor. Dort sprechen wir von Gefühl, wenn wir uns auf unser körperliches Erleben, d. h. sensorische Erfahrungen beziehen. Emotionen, also Wut, Freude etc., entstehen nach diesem Verständnis, wenn zu unserem körperlichen Erleben noch Gedanken, Interpretationen oder Geschichten hinzukommen.